Blues. Und so viel mehr!
Das Wortspiel im Titel wirkt plakativ, aber daran, dass B.B. King zu den erfolg- und einflussreichsten Blues-Künstlern zählt, bestehen natürlich keinerlei Zweifel. Daniel De Visés in den USA preisgekrönte 680-Seiten-Abhandlung liefert allerdings wesentlich mehr als nur Kings Lebenslauf und seine persönliche und künstlerische Entwicklung, denn wie jede gute Biografie ist sie vor allem eines: ein Geschichtsbuch, das eine ganze Epoche greifbar macht. Da findet man sich als mitteleuropäisches Bleichgesicht plötzlich im Staate Mississippi zu Zeiten der Depression wieder, also in einem von Armut, Perspektivlosigkeit und alltäglichem Rassismus geprägten Umfeld. Riley King, zu B.B. mutiert er erst später, wird 1925 in eine Familie von Pachtbauern hineingeboren, zur Schule geht er nur, wenn weder Baumwolle, noch irgendetwas anderes gesät oder geerntet werden muss. Das ist der Ausgangspunkt dieser Karriere. Man wird Zeuge eines starken Durchhaltewillens und einer bewundernswerten Zielstrebigkeit, die seinen Aufstieg ermöglichte, sowie der soziokulturellen und politischen Veränderungen, die sein Leben begleiteten. Das alles könnte in ein weichgezeichnetes Erfolgsmärchen münden, mit King als strahlendem Helden, doch De Visé spart auch die Brüche und Rückschläge nicht aus, die Kings 89 Jahre währende Existenz auf Erden mit sich brachten. Letztlich ist sein Buch nicht weniger als ein amerikanisches Panorama, von der Prohibitionszeit bis fast zur Gegenwart, vom ländlichen Süden bis in die Metropolen der Welt, von den Work-Songs und Delta-Blues-Legenden in Kings Kindheit bis zu den weißen Jüngern der Rock-Ära. Eine detailreiche Fleißarbeit, deren Faktenreichtum einen fast überwältigen kann.
9 von 10 Punkten
King Of The Blues – Das Leben des B.B. King
VON DANIEL DE VISÉ
RECLAM
